EINHAUSEN – Das DM-Wochenende (29.06.-01.07.) in Einhausen wurde mit der Meisterschaft im Einzelzeitfahren eröffnet, bei der sich auch einige mittelhessische Starter achtbar präsentierten und einen Vorgeschmack auf das folgende Straßenrennen lieferten.
Am Freitag (29.06.18) begannen in der 6.700 Einwohner zählenden Gemeinde Einhausen im südhessischen Kreis Bergstraße die diesjährigen Deutschen Radsportmeisterschaften.
Den Auftakt machten die Männer U23, Frauen und Männer Elite im Einzelzeitfahren – mit den Wettbewerben im Straßenrennen der Frauen geht es am Samstag (30.06.) und mit denen der Männer am Sonntag (01.07.) weiter. Bereits zum dritten Mal ist der Kreis Bergstraße Gastgeber für die Titelkämpfe. Im Jahre 2000 fuhr man in Heppenheim um die Titel, 2015 waren Bensheim und Einhausen gemeinsam Austragungsort.
Frahm fährt zum U23-Titel
Pünktlich um 12 Uhr begannen am Freitag (29.06.) die Titelkämpfe mit dem Zeitfahren der U23. Und das verlief enorm spannend: Der Hamburger Jasper Frahm vom Team Heizomat/rad-net.de fuhr auf der 30 km langen Strecke in Einhausen in 37:07, 42 Minuten 38 Zehntel Sekunden schneller als Max Kanter (Sunweb Development), der vor zwei Wochen Deutscher Straßenmeister der U23 wurde. „Ich habe in den Kurven nicht alles riskiert, weil ich keinen Sturz riskieren wollte. Ich hätte mich sehr geärgert, wenn es nicht gereicht hätte“, sagte der 22-Jährige, der auch auf der Bahn ein erfolgreicher Rennfahrer ist und in zwei Wochen bei den Bahn-Titelkämpfen in Dudenhofen im Vierer starten wird.
Selbstbewusst bekannte der neue Champion, dass er mit dem Titel gerechnet hatte. „Ich hatte mich eindeutig auf der Liste der Favoriten. Ich wusste, was ich kann, habe die letzten Wochen sehr gut gearbeitet“, so Frahm. „und mich gefragt, wer sonst noch schnell fahren kann.“ Schnell waren auch seine Podiums-Begleiter unterwegs: Max Kanter, der nur 38 Zehntel langsamer war und sich „ein bißchen ärgerte, dass es nicht zum Titel reichte.“ Und Richard Banusch (LKT Team Brandenburg), der sich sehr über Bronze freute. „Ich bin sehr zufrieden mit meinem dritten Platz. Die Strecke lag mir. Am Anfang war ich vielleicht ein wenig zu langsam unterwegs. Und ich bin froh, nach dem Patzer vom Vorjahr es nun wieder aufs Podium geschafft zu haben.“
2017 hatte die Jury Banuschs Zeit falsch gestoppt und den Cottbuser zum Sieger erklärt, dies dann später korrigieren müssen. „Dass dies geschah war ärgerlich, noch ärgerlicher aber, dass es erst so spät, nämlich nach drei Tagen passierte,“ sagte Banusch in Einhausen und war froh, dass diesmal alles reibungslos funktionierte. Titelverteidiger Patrick Haller (Heizomat rad-net.de) musste sich nach einem technischen Defekt in der zweiten Runde mit Platz 32 zufriedengeben. Er verlor 2:11 Minuten auf den Sieger.
Brück beweist Zeitfahr-Stärke
Mit 37:50 Minuten und Platz elf stellte der Burkshardsfeldener Victor Brück ein weiteres Mal seine Stärke im Kampf gegen die Uhr unter Beweis. Im Ziel hatte er zunächst Platz inne, der auch einige Zeit bestehen blieben, doch als die zuletzt gestarteten Fahrer das Ziel erreichten, verschob sich Brücks achtbare Fahrzeit noch etwas nach hinten. Dass er mit Platz elf die Topten der DM im Zeitfahren so knapp verfehlte, dürfte zu verschmerzen gewesen sein, denn auf Platz zehn war mit Miguel Heidemann vom Herrmann Radteam ein Bundesliga-Teamkollege von Victor Brück. Heidemann war zwei Sekunden schneller und hatte sich Anfang des Monats schon den Sieg bei Brücks Heimrennen, dem Rinn Ideengarten-Rennen in Burkhardsfelden, gesichert.
Martin gewinnt achten Deutschen Zeitfahr-Titel
Souverän holte Tony Martin (Katusha-Alpecin) am Freitag in Einhausen seinen achten Deutschen Meistertitel im Einzelzeitfahren. Der vierfache Weltmeister war nach 45 Kilometern 1:02 Minuten schneller als der Freiburger Jasha Sütterlin (Movistar Team). Der Kölner Nikias Arndt (Team Sunweb) belegte 1:32 Minuten später Rang drei. Die 45-km-Strecke spulte er in 51:23,69 Minuten ab.
Der Zeitfahrparcours war fast identisch mit dem von vor drei Jahren, als Einhausen ebenfalls die Deutsche Zeitfahrmeisterschaft ausrichtete. Damals war Tony Martin 47 Sekunden langsamer unterwegs. „Ich bin mit Vollspannung angereist. Letztes Jahr war der Meisterschaftskampf sehr eng und ich wusste nicht, wie es diesmal laufen würde. Nach dem Giro habe ich zwei Wochen regeneriert und mich in den letzten 14 Tagen intensiv auf die Meisterschaft vorbereitet,“ erzählte Tony Martin im Ziel. „Unterwegs merkte ich, dass meine Wattwerte besser waren als vor drei Jahren. Und nach der ersten Runde wusste ich: Der alte Tony ist wieder da“, freute sich Martin über den neuerlichen Triumph, führte seine schnelle Zeit aber auch auf den besseren Straßenbelag zurück. „Einige Abschnitte waren neu asphaltiert.“
Zufrieden war Jasha Sütterlin , der wie im Vorjahr Platz zwei belegte. „Gegen Tony zu verlieren ist keine Schande. Allerdings habe ich im zweiten Teil Kraft verloren, konnte die Wattzahlen aus der ersten Runde nicht halten, wo ich nur wenige Sekunden hinter Tony zurücklag“, so der Freiburger. Auch Nikias Arndt freute sich: „Ich hatte mit eigentlich mehr erhofft, aber letztlich war es das Ergebnis, dass man erwarten konnte“ so der Wahl-Kölner, der vor drei Jahren auf den Silberrang fuhr. Mit dem undankbaren vierten Platz musste dagegen Max Schachmann zufrieden sein. „Ich habe mich vor Deutschen Meisterscharten irgendwie noch nie überragend gefühlt. Auch heute nicht. Ich war im Giro in Top-Form, heute sicher nicht, auch wenn meine Zeit in Ordnung geht,“ sagte der Giro-Etappensieger aus Berlin.
Brennauer holt sich den Frauen-Titel
Den Abschluss des ersten Renntages bildete das Zeitfahren der Damen. Hier wurden in vorderster Front Lisa Klein, Lisa Brennauer und Trixi Worrack als ausgemachte Anwärterinnen auf den Titel genannt. Am Ende gab es den erwartenen Ausgang. Lisa Brennauer (Wiggle High 5) hat sich ihren Titel zurückgeholt. Die 30-Jährige gewann den 30 km langen Kampf gegen die Uhr mit 18 Sekunden Vorsprung vor Titelverteidigerin Trixi Worrack und 48 Sekunden vor Lisa Klein (beide Canyon SRAM).
„Dieser Sieg war so wichtig für mich“, sagte Brennauer im Ziel. „Ich habe in den letzten Jahren so gekämpft, ihn mir wieder zu holen, war Zweite (2017, Anm. d. Red.) und Dritte (2016, Anm. d. Red.). Dieses Jahr habe ich super gearbeitet, ich wollte unbedingt wieder dahin zurück,“ sagte die Meisterin von 2013 und 2014, die 2014 im spanischen Ponferrada auch Weltmeisterin im Zeitfahren wurde. „Ich habe mich wohl gefühlt, die Strecke lag mir. Und nach der letzten Kurve habe ich noch einmal alles aus mir rausgeholt, bin so schnell gefahren wie ich konnte“, so Brennauer, die im Ziel freudig ihrer Mutter in die Arme fiel. Die Allgäuerin konnte in diesem Jahr schon die Gesamtwertung der Thüringen-Rundfahrt für sich entscheiden und darüber hinaus Podius-Platzierungen in der Healthy Ageing Tour und der Bira-Rundfahrt erzielen.
Trixi Worrack, zwei Jahre hintereinander Titelträgerin, musste diesmal mit dem zweiten Platz Vorlieb nehmen. „Das geht in Ordnung, “ sagte die 36-Jährige, die an der Zwischenzeit nur drei Sekunden Rückstand auf Brennauer hatte, dann aber an Boden verlor. Die Drittplatzierte, Lisa Klein, freute sich über ihren Erfolg. Sie hatte im Frühjahr auf einer Trainingsfahrt in Erfurt einen Schlüsselbeinbruch erlitten und war erst vor Kurzem wieder in den Rennbetrieb eingestiegen. Morgen will die gebürtige Saarländerin ihren Titel im Straßenrennen verteidigen, was angesichts der hochkarätigen nationalen Konkurrenz nicht einfach wird.
RSG Placeworkers mit Sandten vorn
Sam Sandten fuhr mit 43:50 Minuten und Platz 23 das beste Ergebnisse für das Wiesecker Bundesligateam RSG Placeworkers ein. Katharina Julia Hinz steuerte 44:59 Minuten und Platz 31 bei. Anna Giesen kam mit 45:57 Minuten auf Platz 37. Bianca Bernhard (46:19 Minuten) kam auf Rang 42, Anja Schneidenbach (46:28) wurde 45. und Diana Steffenhagen (46:44) fuhr Platz 47 ein.
Heute (30.06.) gehen die Titelkämpfe in den zweiten Tag. Dann werden ab 16 Uhr die Medaillen bei den Damen im Rennen über die Distanz von 132 Kilometern vergeben. Die Vorjahressiegerin Lisa Klein vom Team Canyon wird ganz hoch gehandelt. Insgesamt gehen 93 Damen die Rundstrecke über elf Runden an.
Teamwettbewerb, Laufradrennen und Eliteduell
Am Sonntag (01.07.) ist schon ganz früh eine Menge los auf der Strecke „Rund um den Jägersburger Wald“, denn es gibt eine Deutsche Jedermannmeisterschaft für Teams. Um 8 Uhr erfolgt der Startschuss und bisher gingen deutlich über 200 Meldungen ein. Genau der richtige Aufgalopp für das Eliterennen am späten Vormittag. Doch erst wird Radprofi John Degenkolb die kleinsten Besucher im Laufradrennen auf die Strecke schicken, ehe er wenig später selbst um den Titel kämpfen wird. Die Favoristenliste ist lang. Andre Greipel, John Degenkolb, Marcel Kittel, Vorjahressieger Marcus Burghardt oder Shootingstar Pascal Ackermann – alles Fahrer mit Siegambitionen. Um elf Uhr wird das Rennen über 228 Kilometer gestartet. Man darf gespannt sein, wer vielleicht mit den Meisterfarben eine Woche später bei der Tour de France am Start stehen wird. (pm/sd | Fotos: Stephan Dietel (Archiv)/Bund Deutscher Radfahrer)
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Stephan Dietel
Er wohnt im Gießener Ortsteil Rödgen und legte im Jahr 2001 mit Erlebnisberichten über selbst gefahrene Radrennen den Grundstein. Mit großem Interesse am Radsport und am Journalismus entwickelt er mit seinem Team die Radsportnachrichten aus Mittelhessen immer weiter.