BAD ENDBACH/GIESSEN – Die Pause für ihre Fahrräder dürfte länger sein, als für die Sportlerinnen und Sportler selbst, wenn jetzt die Radcross-Saison zu Ende ist. Sie alle sind in mehreren Radsport-Disziplinen aktiv und ihre körperliche Pause zwischen den Wettkampf-Saisons ist entsprechend kurz. Eine Saisonbilanz an einigen Beispielen.
In Abwandlung des Zitats von Fußball Trainerlegende Josef „Sepp“ Herberger („Nach dem Spiel ist vor dem Spiel“) ist nach der Saison, vor der Saison. Das gilt umso mehr, wenn man in mehreren Radsport-Disziplin unterwegs ist und neben dem Rennrad oder Mountainbike auch auf dem Cross-Rad Wettkämpfe bestreitet, wie einigen Sportlerinnen und Sportler in Mittelhessen.
Für die Radcross-Aktiven endet in diesen Tagen so oder so die Wettkampfsaison in Deutschland und sie dürften sich vermutlich auf ein paar Tage ohne Wettbewerbe freuen, bevor es wohl auf Rennrad oder Mountainbike wieder weitergeht. Seit September 2023 waren sie im Cyclocross-Rennkalender unterwegs – jetzt ist Schluss und Zeit für eine Saisonbilanz.
Auf und Ab durch die Saison: Birgit Jüngst-Dauber kommt mit Matsch und Höhenmetern im Rennen am besten zurecht und stand in der Radcross-Saison 2023/2024 auch ein paar Mal ganz oben auf dem Treppchen. Fotos: Birgit Jüngst-Dauber
Tipp: Durch Verschieben des Reglers können beide Fotos angesehen werden.
Auf und Ab auf der Erfolgswelle
„Mein letztes Rennen war wohl von der Form her mein bestes“, sagt Birgit Jüngst-Dauber. Die Bad Endbacherin hat 15 Wettbewerbe in der Radcross-Saison 2023/2024 bestritten, in die sie als Deutsche Meisterin der weiblichen Masters gegangen war. Sie kann auf eine lange Karriere als Mountainbikerin zurückblicken, verriet sie kürzlich in unserem Format „Drei Fragen an“. Höhenmeter und Matsch gehören für sie auch deshalb zur für sie perfekten Radcross-Strecke. Zielstrebigkeit ist eine weitere ihrer Stärken. Das konnte in dieser Saison jedoch nicht verhindern, dass die Verteidigung ihres DM-Titels im Januar wortwörtlich auf der Strecke blieb. Trotz teilweise deutlich jüngerer Konkurrenz stand sie als Dritte bei der Radcross-DM in Radevormwald auf dem Podium. „Meine Cross-Saison wurde leider mit zwei Mal krank durcheinander gewirbelt – ein ziemliches Auf und Ab“, sagt Birgit Jüngst-Dauber. die froh war, überhaupt bei der DM starten zu können. Eine Woche vor der DM, noch mit leichtem Husten, hatte sie beim NRW-Cross-Cup in Pulheim sogar gewonnen. Und auch nach der DM, beim NRW-Cup-Finale in Bonn, konnte sie siegen. Als dritter Spitzenplatz sticht ihr Sieg beim Auftakt des NRW-Cross-Cup in Friedewald im Oktober 2023 aus ihrer Radcross-Saisonbilanz heraus. Dass sie Vize-Hessenmeisterin im Radcross wurde, dürfte sie besonders freuen, weil es lange unsicher war, ob es überhaupt eine hessische Landesverbandsmeister im Radcross geben würde. Die wurde dann vom VC Darmstadt gerettet und auf dem Gelände seiner Radrennbahn in Südhessen ausgefahren.
Alles andere als eintönig: Thomas Hockauf erlebt trotz oder gerade wegen seiner sehr langen Radsport-Laufbahn mit jeder Saison und in unterschiedlichen Disziplinen des Radsports immer wieder Neues. Fotos: Thomas Hockauf
Tipp: Durch Verschieben des Reglers können beide Fotos angesehen werden.
Sommerlicher Auftakt, glänzender Abschluss
Bei der Radcross-Hessenmeisterschaft in Darmstadt schnappte sich Thomas Hockauf von der RSG Gießen und Wieseck den Titel. Auch er verfügt über eine lange Karriere auf dem Mountainbike und Erfahrung auf dem Straßenradrennen, die ihn auf bisweilen 47 Jahre in Folge mit Rennlizenz fahren lassen. Wie warm es zum Start der Radcross-Saison im Oktober 2023 in Lützelbach im Odenwald war, überraschte aber auch den erfahrenen Thomas Hockauf. Neu war für ihn auch das Team, mit dem er die Radcross-Saison 2023/2024 bestritt: Für das Sopra Steria CX-Team (RG – Cross) stand er insgesamt fünf Mal auf dem Treppchen. Seinen guten Vortrieb konnte er sich bis auf die letzten Wettkampf-Kilometer dieser Radcross-Saison bewahren und beim Roihessecross in Wachenheim im Zellertal, im Finale der Masters 3, noch von Rang vier auf Platz zwei vorfahren. Der Sieg ging dort souverän an Bernd Pfeiffer und damit an einen weiteren Mittelhessen. Der Bad Endbacher fährt mit Lizenz des rheinland-pfälzischen Vereins Sportler ruft Sportler, dessen Trikot er als Landesverbandsmeister von Rheinland-Pfalz ebenfalls in Darmstadt, sowie bei Rennen in Pulheim und eben zuletzt in Wachenheim im Zellertal ganz oben auf dem Treppchen präsentieren konnte. In seinen zehn Wettbewerben der Radcross-Saison 2023/2024 fällt auch Platz sieben bei der Deutschen Meisterschaft als achtbares Resultat auf.
Mittelhessen könnte durch ein Bestreben zugunsten Cross- und Gravelradsports in der Zukunft radsportlich in den Fokus rücken: Ihrer Idee einer dauerhaften Racross- und Gravelstrecke auf dem Gelände des Flowtrail Bad Endbach konnte Birgit Jüngst-Dauber mit einer erfolgreichen Teilnahme an einem Crowd-Funding-Förderwettbewerb eine finanzielle Basis verschaffen. Derzeit arbeitet sie mit ihrer Familie und Fördernden des Flowtrail-Sportclub (FSC) Bad Endbach an den nächsten Schritten, hin zu einer dauerhaften Strecke für den Cross- und Gravel-Radsport, wie sie in unserem Format „Drei Fragen an“ kürzlich erläuterte.
Radcross-Exkurse mit Erfolgen
Für insgesamt fünf Wettbewerbe wagte der starke Straßenfahrer Alexander Koop von der RV Gießen-Kleinlinden, der im Trikot des Radroo Team fährt, Abstecher in Radcross-Wettbewerbe. Bei seinem Start bei der UCI Cyclo-Cross Masters WM in Hamburg verletzte er sich und musste die Radcross-Saison vorzeitig beenden, aber in dieser unfreiwillig kurzen Saison holte er sich die Bronzemedaille der Radcross-Hessenmeisterschaft. Wie einige weitere Mittelhessinnen und Mittelhessen war auch Radsportnachrichten.com-Redaktionsmitglied Tobias Zappe in den zurückliegenden Wochen bei einigen Radcross-Wettbewerben am Start und konnte seine Saison aus sechs Rennen mit Platz zwei beim Roihessecross in Wachenheim im Zellertal abschließen.
Eng aufeinander folgende Saisons und neue Prüfungen
Wie für viele seiner Mitstreitenden aus der Radcross-Szene ist die wettkampffreie Zeit auch für Thomas Hockauf nur kurz. Mit Ausdauer-Training folgt eine ruhigere Phase auf dem Fahrrad, bevor es im März mit der Radsportgemeinschaft Gießen und Wieseck ins Trainingslager auf Mallorca geht. Als Novum hat er sich dann Gravel-Wettbewerbe in den Wettkampf-Kalender der Sommersaison geschrieben. Mit der für internationale Teilnehmende offenen Belgischen Meisterschaft am 1. Mai und dem UCI Gravelrennen in Aachen am 12. Mai hat er sich stattliche Prüfungen für seine Gravel Wettkampf-Premiere vorgenommen. Zur neuen Radcross-Saison 2024/2025 gehört er dann in der neuen Altersklasse Masters 4 wieder zu den jungen Jahrgängen, was wiederum neue Ziele auf den Plan rufen dürfte.
Anmerkung der Redaktion: Nach Veröffentlichung dieses Beitrags haben wir die Platzierung im Abschlussrennen von Tobias Zappe auf Platz zwei korrigiert und weitere Informationen zur Saison von Alexander Koop ergänzt.
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Stephan Dietel
Er wohnt im Gießener Ortsteil Rödgen und legte im Jahr 2001 mit Erlebnisberichten über selbst gefahrene Radrennen den Grundstein. Mit großem Interesse am Radsport und am Journalismus entwickelt er mit seinem Team die Radsportnachrichten aus Mittelhessen immer weiter.