GIESSEN – Familien mit kleinen Kindern nutzen das Fahrrad gerne als Autoersatz. Doch was im Sommer so einfach aussieht, kann bei Schnee und Eis schnell für Herausforderungen sorgen. Wir geben Tipps, damit Radfahren mit Kindern auch im Winter Spaß macht.
Kinder brauchen täglich frische Luft – das gilt auch im Winter. Die Bewegung draußen stärkt das Immunsystem und ist förderlich für das Kind. Erkältungen bekommt man durch Ansteckung und nicht durch Kälte. Die Wintersonne versorgt den Körper mit Licht, was zusätzlich für die Bildung von Vitamin D und somit auch für das Knochenwachstum gut ist.
„Richtig eingepackt, geht es dem Kind auch bei kalten Temperaturen gut“, weiß Stephanie Herrling vom Bekleidungsspezialisten Vaude. Eltern können deshalb getrost ihren Nachwuchs genau wie im Sommer mit dem Fahrrad zur Kita bringen – wenn sie ein paar Tipps beachten.
Spaß sollte an erster Stelle stehen
Eltern sollten selbst entscheiden, wann es sinnvoll ist, das Kind mit dem Fahrrad zu transportieren (sei es im Kinderanhänger, Kindersitz oder Lastenrad) oder wann das Kind noch selbst fahren kann (z. B. mit dem Laufrad oder dem Kinderrad). „Kinder sollten in erster Linie Spaß am Fahrradfahren haben und nicht ängstlich sein. Beim Radfahren auf Schnee und Eis müssen sie erst einmal selbst Erfahrungen sammeln und eine Routine entwickeln, um sich bei winterlichen Bedingungen sicher fortzubewegen. Deshalb sollte man Kinder langsam an das Radfahren im Winter heranführen“, rät Guido Meitler, Marketingmanager beim Kinderradspezialisten Puky. Speziell das veränderte Bremsverhalten und Kurvenfahren müsse trainiert werden, um ein sicheres Fahren zu gewährleisten. „Bevor das Kind den Spaß verliert und es gefährlich wird, sollte man das Kinderrad bei stark winterlichen Bedingungen auch einmal stehen lassen“, so Meitler.
Keine Beleuchtungsvorschrift
Kinderräder bis 18 Zoll Reifengröße (Alter des Kindes ca. fünf bis sechs Jahre) zählen offiziell nicht als Fahrräder, sondern werden laut Paragraph 24 der Straßenverkehrsordnung wie Fußgänger eingeordnet. Das hat zur Folge, dass mit Kinderrädern nur auf dem Gehweg gefahren werden darf. Außerdem müssen die Räder nicht über Beleuchtung nach der Straßenverkehrszulassungsordnung verfügen. Kinderräder wie das „ZLX 16 Alu“ von Puky (219,99 Euro) haben darum lediglich einen Front- und Rückreflektor. Sinnvoll ist es, mit Reflektoren am Körper des Kindes für mehr Sichtbarkeit bei schlechten Lichtverhältnissen zu sorgen. Der „Reflektor-Button“ von Fahrer Berlin (6 Euro) beispielsweise kann per Klett oder als Anstecknadel am Körper befestigt werden. Außerdem sind viele Kinderhelme mit zusätzlichen Reflektoren ausgestattet oder wie der „Hubble 1.1“ von Abus (39,95 Euro) gar mit einem integrierten Rücklicht für eine 180-Grad-Sichtbarkeit nach hinten. Um gegen Kälte, Wind und Nässe geschützt zu sein, kann ein Regenüberzug wie das „Kids Luminum Helmet Raincover“ von Vaude (18 Euro) helfen. Zudem reflektiert das wasserabweisende Material in alle Richtungen.
Wärmend und sichtbar im Anhänger
Wenn Schnee, Eis und Minustemperaturen dann doch überhand nehmen, ist es ratsam, die Kleinen zu transportieren. Ein Kinderanhänger (z. B. „Kid Plus“ von Croozer, ab 749 Euro) ist hier eine sichere und bewährte Möglichkeit. Da Kinder allerdings passiv im Anhänger sitzen und sich nicht bewegen, ist warmes Einpacken Pflicht. Neben wärmender Kleidung sind spezielle Fußsäcke (ab 79,95 Euro) erhältlich, die den Nachwuchs zusätzlich vor Kälte schützen. „Ein Regenverdeck bewahrt nicht nur gegen Matsch und Schnee, sondern auch gegen Kälte“, gibt Hanna Gehlen, Projektmanagerin bei Croozer, noch als Tipp mit. „Außerdem gelten ab 1. Januar 2018 neue Richtlinien für die Beleuchtung von Fahrradanhängern, die für mehr Sichtbarkeit im Dunkeln sorgen. Wir bieten als bislang einziger Hersteller beim Kid Plus eine integrierte Lösung an, die den rechtlichen Vorgaben entspricht“, erklärt sie. Ab 2018 müssen zwei weiße und zwei rote Reflektoren sowie eine rote Schlussleuchte am Hänger angebracht sein.
Winterfeste Zugmaschine
Damit sich das Kind nicht über aufwirbelnde Gischt vom Hinterrad des elterlichen Fahrrades ärgern muss, bietet es sich zusätzlich an, eine Schutzblechverlängerung (z. B. „Latz XL“ von Fahrer Berlin, 12,90 Euro) an der Zugmaschine zu befestigen. „Überhaupt sollte das ziehende Fahrrad ‚winterfest‘ sein, d. h. über eine funktionierende Beleuchtung, Bremsen und Schaltung verfügen“, meint Harald Troost, Marketingmanager beim niederländischen Fahrradhersteller Koga. Ein Alltagstipp: Den Sattel niedriger stellen, um schneller die Füße auf den Boden zu bekommen. Auch profilierte Reifen mit spezieller Gummimischung (z. B. der Ganzjahresreifen „Marathon GT 365“ von Schwalbe, 39,90 Euro) können eine lohnenswerte Anschaffung sein. Bei vereisten Flächen sollten dann aber Spike-Reifen aufgezogen werden. Meist sind die Straßen jedoch nicht komplett vereist, sondern nur teilweise. „Oft sind das Stellen, wo man gar nicht damit rechnet“, meint Alexander Kraft, Pressesprecher bei HP Velotechnik. „Unsere Dreiräder bieten den Vorteil, dass sie anders als zweirädrige Fahrräder auch bei schwierigen Bedingungen standsicher bleiben und ein kleiner Rutscher nichts ausmacht.“ Beim Anbringen eines Kinderanhängers zeigt sich ein weiterer Vorteil des Dreirads: Wo vorne beide Räder durchkommen, passt auch hinten der Hänger durch.
Im urbanen Bereich setzt sich das Lastenrad bei Familien als Transportmittel mehr und mehr durch. Die Kleinen können auch hier unter einer Plane gut geschützt sitzen und sind, anders als im Anhänger, im Blickfeld des Radfahrers. Doch obwohl Lastenräder optisch einen fahrstabilen Eindruck machen, ist auch bei ihnen im Winter die Reifenwahl entscheidend. Bei einem sogenannten Long-John-Lastenrad kann ein Wegrutschen des Vorderrades bei winterlichen Bedingungen passieren. „Bei Schnee und Eis kann ich deshalb den Spike-Reifen ‚Marathon Ice‘ von Schwalbe nur empfehlen. Ich konnte damit locker drei mit Kindern besetzte Schlitten durch die verschneite Landschaft ziehen“, berichtet Markus Riese, Geschäftsführer des Anbieters Riese & Müller. Damit die elektrifizierten Varianten auch auf dem Rückweg noch genug Akku-Reichweite haben, bietet sich zudem ein spezielles „Akku Cover“ wie z. B. das von Fahrer Berlin (29,90 Euro) an. Wer zusätzlich auf mehr Sichtbarkeit an der Zugmaschine setzen möchte, der kann sich die komplett reflektierende Tasche „Sport-Roller High Visibility“ von Ortlieb (179,95 Euro) an den Gepäckträger klippen. Die Gepäcktasche ist zudem wasserdicht, was einen sicheren Transport von Spielsachen oder Proviant bei Schmuddelwetter ermöglicht. Radfahren im Winter kann also durchaus allen Beteiligten Spaß machen. Die richtige Ausstattung macht es möglich. (Fotos: Gregor Bresser (pd-f.de)/croozer.de)
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Stephan Dietel
Er wohnt im Gießener Ortsteil Rödgen und legte im Jahr 2001 mit Erlebnisberichten über selbst gefahrene Radrennen den Grundstein. Mit großem Interesse am Radsport und am Journalismus entwickelt er mit seinem Team die Radsportnachrichten aus Mittelhessen immer weiter.
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