KÖLN – Zum 75. Geburtstag von Johann Grotegut haben wir einen Gast-Beitrag aus dem Radsportbezirk Köln erhalten, der über den Tellerrand Mittelhessens hinaus nach Köln auf eine gelebte Radsport-Historie blicken lässt.
Am 7. März 1939 erblickte Johann Grotegut das Licht der Welt und feiert demnach heute seinen 75. Geburtstag. Schon sein Vater war Radrennfahrer und so begann Hans „Dr. Lang“ Grotegut Mitte der 50er-Jahre beim RSV Wesseling ebenfalls mit dem Radrennsport. Er fuhr erfolgreich Rennen auf Bahn und Straße.
Von Beginn an versuchte Hans Grotegut bei den Rennen, dem Fahrerfeld davon zu fahren, wurde aber oft wieder vom Feld gestellt. Diese Ausreißversuche machten ihn nach einiger Zeit so stark, dass die Konkurrenz bald das Nachsehen hatte. Besonders in den Zeitfahrdisziplinen und auf Flachetappen war er einer der stärksten Rennfahrer seiner Zeit.
International bekannter Fahrer
So konnte er 1960 bei der Deutschen Bahnmeisterschaft in der 4000 m Einer-Verfolgung den Vizemeister-Titel erringen; wurde 3. der DM im 100 Km-Mannschaftszeitfahren und NRW-Landesmeister in beiden Disziplinen. Bei Rennen im In- und Ausland war er ein bekannter und beliebter Rennfahrer. In Italien düpierte er die komplette Zeitfahrer-Elite, als er mit über 1 Minute Vorsprung siegte; Belgien war sein zweites Zuhause, hier war er bei jedem Rennen ein willkommener Gast.
Im Jahr 1961 war Grotegut Jahresbester der 4000 m-Einerverfolgung, konnte 27 Siege erringen, hatte 9 Einsätze bei Länderkämpfen, z. B. gegen Fahrer aus Japan und der UdSSR und war auch beim Städtevergleich Köln-Brüssel am Start.
Disqualifikation mit Folgen
Aber auch die Rennen vor der Haustür kamen nicht zu kurz, beim „Großen Geißbock-Preis“ in Frechen konnte keiner das Hinterrad des langen Hürthers halten. Von 1960 bis 1962 war er Mitglied der Deutschen Nationalmannschaft und war auch für die Olympischen Spiele 1964 in Tokio vorgesehen. Doch dazu sollte es nicht mehr kommen: Beim Frühjahrsklassiker Köln-Schuld-Frechen 1962 überquerte Hans Grotegut die Ziellinie mit deutlichem Vorsprung als Erster. Auch bei der Siegerehrung (Foto) wurde er als Sieger des Rennens präsentiert. Doch dann kam das Unglaubliche – Disqualifikation: Während die Rennfahrer an einer geschlossenen Bahnschranke warten mussten, nahm Hans Grotegut von einem Zuschauer einen Schraubenzieher an, um die bei extrem winterlichem Wetter vereiste Schaltung wieder gangbar zu machen. Die Renn-Jury wertete dies als Annahme fremder Hilfe, was zu der Zeit verboten war und erkannte den Sieg ab. Eine Woche lang wartete Hans Grotegut vergeblich auf die Rücknahme dieser Entscheidung, dann beendete er seine Karriere, verkaufte seine Räder und vergab damit die große Chance auf einen Sieg bei Olympia 1964 in Tokio.
Dem Radsport treu geblieben
Dennoch blieb die Liebe zum Radsport: Ende der 70er Jahre begann seine Karriere als Steher-Schrittmacher. Mit dem Amerikaner Wally Summers war er besonders viel unterwegs und gemeinsam stellten sie über 20 amerikanische Rekorde auf. Bei den Europameisterschafte der Human-Power-Vehicle-Association belegte er zweimal den Bronze-Rang. Im Radsportbezirk Köln war Hans Grotegut mit verschiedenen Ämtern betraut: Ob als Jugendwart, Straßenfachwart oder Mitglied der Wettkampf-Jury war er immer für den Radsport im Einsatz. (pm)
Wir wünschen Johann Grotegut alles Gute zu seinem heutigen 75. Geburtstag und bedanken uns bei unserer Gast-Autorin Rauthgundis Höschen für diesen Beitrag aus dem Radsportbezirk Köln.REDAKTION | Dein Sport. Dein Revier. Wir berichten von hier.
Stephan Dietel
Er wohnt im Gießener Ortsteil Rödgen und legte im Jahr 2001 mit Erlebnisberichten über selbst gefahrene Radrennen den Grundstein. Mit großem Interesse am Radsport und am Journalismus entwickelt er mit seinem Team die Radsportnachrichten aus Mittelhessen immer weiter.