BURKHARDSFELDEN – Kondition kann man trainieren, Glück nicht. Das machte die dritte Auflage des Rinn Ideengarten-Rennens manchem Teilnehmer deutlich. Und so freute man sich über das Glück der Anderen, wenn man diesmal das Nachsehen hatte.
Das Rennen schreibt seine Geschichte selbst. Kein Rennverlauf gleicht dem anderen, oder ist vorhersagbar. Das machte einmal mehr die dritte Auflage des Rinn Ideengarten-Rennens deutlich. Auf dem sieben Kilometer langen Rundkurs von Burkhardsfelden über Albach und Oppenrod gelang den heimischen Startern viel von dem was sie sich vorgenommen hatten. Mancher Ausgang hinterließ aber auch grübelnde Gesichter.
Einen schnellen Auftakt lieferten die Nachwuchsklassen, die um Punkte für den Sparkassenversicherung Fördercup fuhren. Leonard Schneider von der RV Gießen-Kleinlinden hatte sich als aktuell Dritter der Gesamtwertung in der hessischen Nachwuchsrennserie schon am Start wachsam in der Nähe des Führenden, Noah Breidung vom RSV Froh Fulda, platziert. Auch Jehu Hinder (RSG Buchenau), Gesamtvierter und jüngst Sieger seines Heimrennens in Dautphe, behielt Schneider im Rennverlauf im Blick. Glück im Unglück hatte er, dass er beim Zielsprint nach neun Runden (63km) nicht direkt an Hinders Hinterrad fuhr, denn während Tim-Oliver Kolschefsky (RSC Linden) vor Noah Breidung und Anton Antolovic (RC 07 Fulda) jubelte, kamen Hinder und weitere Sportler zu Fall. Fahrer und Fahrräder flogen über den Zielstrich. So kam der als Mitfavorit gehandelte Buchenauer schmerzlich auf Platz sechs während sein Kleinlindener Mitstreiter auf dem Rad blieb und noch Platz neun einfuhr. Mit Prellungen und Abschürfungen verlief dieser einzige Sturz des Tages zum Glück glimpflich. Doch er zeigte, dass sich selbst auf der Zielgerade das Rennen noch ganz anders als geplant entwickeln kann. Die Bezirksmeisterschaft und die Vizemeisterschaft entschädigten Hinder und Schneider sicherlich. Bei den Schüler U15 wurde Arvid Koop (RV Gießen-Kleinlinden) Bezirksmeister.
Nachwuchs fährt um Fördercup-Führung und Medaillen
Gut klappte es auch für Tim Nissel von der RV Gießen-Kleinlinden, dem im Führungstrikot des Fördercups der Schüler U13 die Favoritenrolle auch optisch anhaftete und der im Sprint hinter Louis Gentzik (RSV Froh Fulda)und Bennet Drewes (Tuspo Weende Göttingen) Dritter und Bezirksmeister wurde. Nissels Teamkollege Kimi Tjark Dauber kam auf Platz vier und wurde Vize-Bezirksmeister. Samuel Möller (RV Gießen-Kleinlinden) kam zur Bronzemedaille der Meisterschaft. Ein schnelles Rennen zeigten auch die jüngsten Starter der Schüler U11, die bei zwei zu fahrenden Runden (14 km) schnell die letzten Kilometer erreicht hatten. Im Sprint um den Tagessieg musste Jonathan Kowalsky (RV Gießen-Kleinlinden) als neuer Bezirksmeister nur Jannis Staab (RSG Frankfurt) den Vortritt lassen und in der zweiten Sprintgruppe kam Jan Nissel (RV Gießen-Kleinlinden) auf Gesamtrang vier zur Vizemeisterschaft. Dritter der Bezirksmeisterschaft wurde sein Vereinskollege Jemima Möller.
Jedermannrennen übertrifft Erwartungen
Dass für das Jedermann-Rennen einige Nachmeldungen eingehen würden, hatte die ausrichtende RSG Gießen und Wieseck schon erwartet. Über 70 Starter in der Klasse waren rekordverdächtig viel und konnten auch als Indiz für die Beliebtheit des inzwischen dritten Rinn Ideengarten-Rennens gewertet werden. „Ab Oppenrod war das jedes Mal ein Ausscheidungsfahren, um dranzubleiben. Wir hatten teilweise einen 44er Schnitt und vor den Zuschauern in Burkhardsfelden wurde nochmal nachgelegt“, berichtete Sven Glimm (RSG Gießen und Wieseck) von den sieben zu fahrenden Runden (49km). Das Sebamed Racing Team hatte offensichtlich das Rennen im Griff, hielt das Feld unter Tempodiktat zusammen und führte damit einen Massensprint herbei. Den wiederum hätten die heimischen Starter gerne verhindert. In der jüngeren Herrenklasse kam Marc Santo (RV Gießen-Kleinlinden) auf Platz zehn, Sven Glimm fuhr auf Platz 13. Mike Pommerening (RV Gießen-Kleinlinden) gelang als Dritter in der älteren Herrenklasse der Sprung aufs Podium, was immerhin ein Trost für den unerwünschten Massensprint war. Frank Walter vom RSC Grünberg wurde Zehnter.
Die Rückreise von einem Rennen in Holland nutzten die Velo Ladies Leipzig für einen Zwischenstopp in Burkhardsfelden. Und das sollte sich am Ende lohnen: Nach sechs Runden (42km) gewann mit Teamfahrerin Hannah Steffen die derzeit führende in der Bundesliga-Nachwuchswertung. Bezirksmeisterin wurde Ronja Köckerling vom Bundesligateam der RSG Placeworkers als Siebte. Der Vizetitel ging an Janika Schmidt (RSG Buchenau).
Ausreißer vor Augen
Keinen Massensprint und anderes Wetter hätte sich Christian Schmidt von der RSG Gießen und Wieseck für sein Rennen bei den Senioren II gewünscht. Als starker Mountainbiker fühlt er sich besonders wohl, wenn das Wetter widrig ist und es im Finale nicht allzu eng zugeht. Mit Vereinskollege Radek Nickel versuchte Schmidt eine Fluchtgruppe zu initiieren. Doch das zeigte nicht die gewünschte Wirkung wie auch seine Versuche, im Fahrerfeld die Nachführarbeit zu forcieren, als sich zwei Runden vor Schluss Sven Simon vom RV Hochheim als Ausreißer abgesetzt hatte. Der hatte das Glück diesmal auf seiner Seite und kam mit wenigen Metern Vorsprung zum Tagessieg der Senioren II vor Guido Tersteegen (SC Union Nettetal). Im Sprint direkt dahinter konnte Christian Schmidt achtbar Platz drei einfahren, wenngleich er im Anschluss einige Minuten brauchte, um zu verdauen, dass man den Solist so lange vor sich sah; ihn aber ganz knapp nicht mehr einfangen konnte. Die Bezirksmeisterschaft brachte Schmidt dann einen zweiten der originellen Trophäensteine von Rinn ein, den sich Markus Turschner und Radek Nickel statt einer Silber- und Bronzemedaille sichern.
Wachsame Teams
Vor dem Start des Eliterennens der Männer kamen die angereisten Teams zur Taktikbesprechung zusammen – allen voran das Herrmann Radteam, das auch zur Unterstützung ihres Bundesligafahrers Victor Brück angereist war. Der Burkhardsfeldener konnte sich einer guten Verfassung aus vorherigen Rennen ebenso sicher sein, wie der Tatsache, dass die anderen Fahrer von seiner Favoritenrolle um einen Podiumsplatz wussten. 2016 hatte er als Dritter schon einmal auf dem Podium gestanden.
Der Teamgeist gewinnt
Doch nach dem Start auf die 15 zu fahrenden Runde (105km) galt es zunächst die mit zweieinhalb Minuten Vorsprung ins Rennen geschickten Fahrer der Eliteklasse C wieder einzuholen. Erst als Streckensprecher Frank Petry bei der Start-Ziel-Durchfahrt den sich nur langsam verringernden Vorsprung betonte, kam Schwung ins Verfolgerfeld der KT-/A-/B-Klasse. Dann ging es aber ganz schnell und beide Felder vereinten sich. Damit begann das Rennen quasi neu, wie von den Sportlichen Leitern der Teams im Vorfeld zur Vorsicht mahnend erwähnt. Es folgte eine Reihe von Vorstößen und Fluchtversuchen, bevor des dann einem Trio gelang, sich abzusetzen. Darunter war mit Miguel Heidemann vom Herrmann Radteam auch ein Teamkollege von Victor Brück und eine leise taktische Vorentscheidung für den Burkhardsfeldener Lokalmatador gefallen. Fortan war es für das Herrmann Radteam nämlich nicht mehr von größtem Interesse, die drei Ausreißer einzuholen und die Karten nochmal neu zu mischen. Ein Vierter Fahrer kam kurz vor dem Finale noch hinzu und das Rennen endete mit 15 Sekunden Vorsprung im Sprint dieser Gruppe, den Heidemann sicher für sich entschied. Mit den Verfolgern erreichte Brück das Ziel und war aber nur mäßig enttäuscht: „Am Ende war es ein bisschen Glück, dass die Gruppe durchgekommen ist. Dass Miguel aus der Gruppe heraus gewonnen hat, war glaube ich das Beste für uns. So einen Massensprint zu gewinnen braucht auch immer Glück“, bilanzierte Brück. Ein schweres Rennen als Ausreißer, so wie diesmal sein Teamkollege, hätte ihm gut gelegen. Doch dass man einen Rennverlauf nicht immer ganz nach Wunsch gestalten kann, weiß der Burkhardsfeldener aus seiner langen Laufbahn nur zu gut. Tim Becker und Niclas Zimmer (beide RSG Gießen und Wieseck) freuten sich abschließend über die Bezirksmeisterschaft und den Vizetitel. (sd | Fotos: Dominik Schneider)
Eine Bilderstrecke vom Renntag finden Sie hier.
Ein Video vom Renntag folgt.
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Stephan Dietel
Er wohnt im Gießener Ortsteil Rödgen und legte im Jahr 2001 mit Erlebnisberichten über selbst gefahrene Radrennen den Grundstein. Mit großem Interesse am Radsport und am Journalismus entwickelt er mit seinem Team die Radsportnachrichten aus Mittelhessen immer weiter.